Autogenes Training: Wie es geht und wobei es hilft

Stress, Hektik und ständige Anspannung kennzeichnen heutzutage leider allzu oft den Alltag in der modernen Welt. Meist gehen diese Dinge mit Unsicherheit und Leistungsdruck einher. Das Autogene Training ist in solchen Fällen eine gute Möglichkeit, mit den täglichen Belastungen besser fertig zu werden. Hier erfährst du, was Autogenes Training überhaupt ist und wie du es zu Hause ganz einfach selbst erlernen kannst, um dich und deinen Körper wieder in Einklang zu bringen.

Autogenes Training: Wie es geht und wobei es hilft
Autogenes Training hilft dir dabei, Stress abzubauen, zu entspannen und sogar körperliche Schmerzen zu lindern. Foto: canva.com

Was genau ist Autogenes Training?

Autogenes Training ist ein Entspannungsverfahren, das auf dem Prinzip der Autosuggestion basiert. Dadurch wird das vegetative Nervensystem positiv beeinflusst. Diese Nerven regulieren unter anderem Kreislauf, Blutdruck und Atmung und sind für die Steuerung des Stoffwechsels und der Wärme- und Wasserregulierung zuständig.

Es wurde vom dem deutschen Psychiater Johannes Heinrich Schultz aus der Hypnose heraus entwickelt und von ihm erstmals in den 1920er-Jahren veröffentlicht.

Nikolina Salvaggio ist Gründerin und Leiterin der Fitmedi-Akademie. Die Expertin für Stressmanagement und Mentaltraining: „Schultz stützte sich bei der Entwicklung auf seine Erfahrungen mit der Hypnose, indem er annahm, dass sich jeder Mensch selbst in einen tiefen Entspannungszustand versetzen kann. Autogenes Training kann deshalb auch als eine Art Selbsthypnose gesehen werden.“

Was brauche ich dafür?

Das Schöne ist, dass für das Autogene Training keine extra Hilfsmittel nötig sind. Das Ziel von Autogenem Training ist es, dass du es jederzeit und überall durchführen kannst, wenn du das Gefühl hast, das dir alles gerade etwas viel wird. Nikolina Salvaggio: „Da man das Autogene Training normalerweise im Sitzen macht, ist z.B. auch keine Decke erforderlich. Es sei denn, man friert leicht. Durch die Selbstsuggestion der Wärme könnte man jedoch sogar erreichen, dass einem wärmer wird.“ Studien haben inzwischen nachgewiesen, dass es durch Autosuggestion möglich ist die Körpertemperatur um zwei bis drei Grad zu erhöhen.

Wer möchte, kann entspannende Musik für die Übungen nutzen. Diese kann, vor allem für Anfänger, zu einem guten Anker der Entspannung werden. Das bedeutet, die Musik wird mit der aus dem Autogenen Training empfundenen Entspannung im Gehirn so verknüpft, dass sich nach einer gewissen Übungsdauer von einigen Wochen, schon beim Start der Musik oftmals die gewünschte Ruhe einstellt. Die Expertin: „Grundsätzlich ist jedoch das Ziel, durch das Autogene Training immer und überall ohne Hilfsmittel in die Entspannung gelangen zu können. Diese Beeinflussung des vegetativen Nervensystems führt dazu, dass Stress abgebaut wird. Ist der Mensch wieder in Balance, kommt es auch zur Linderung oder Beseitigung von Schmerzen oder Schlafstörungen.“

Bevor du dich dem Autogenen Training hingibst, sorge für eine entspannte Umgebung, stelle das Handy aus, dimme das Licht, drehe vielleicht die Heizung ein wenig auf. Am besten ziehst du dir bequeme Kleidung an, in der du gut abschalten kannst. Mit zu vollem oder zu leerem Magen entspannt es sich nicht gut, sorge dafür, dass du ein, bis maximal zwei Stunden vor dem Autogenen Training zuletzt etwas gegessen hast. Die Übungen werden normalerweise in der sogenannten Kutscherhaltung durchgeführt, das bedeutet, du sitzt auf einem Stuhl, dein Oberkörper ist leicht vorgebeugt, so dass deine Arme auf deinen Oberschenkeln ruhen können, der Kopf liegt entspannt auf der Brust. Sollte dir diese Position zu unbequem sein, kannst du dich auch auf den Rücken legen. Die Beine sollten dabei leicht geöffnet sein, die Füße fallen locker nach außen. Lege deine Arme mit den Handflächen nach oben neben den Körper.

 

Die sieben Grundübungen des Autogenen Trainings

Mit den sieben Grundübungen des Autogenen Trainings, die zur Entspannung eingesetzt werden, werden besonders die körperlichen Funktionen beeinflusst. Salvaggio: „Hierbei werden sogenannte Formeln erlernt, die man selbstständig leise für sich, oder auch laut aufsagt und wiederholt. In jeder Übung wird ein mit körperlicher Entspannung assoziiertes Empfinden erzeugt und trainiert.“

1. Die Ruhetönung

Die Ruhetönung dient dazu, den Geist und Körper auf die kommenden Übungen einzustimmen und ruhig zu werden. Hast du deine für dich angenehme Sitz- oder Liegeposition eingenommen, wiederhole für etwa eine Minuten die Formel „Ich bin ruhig.“

Durch die Konzentration auf die Worte gelingt es dir, Gedanken und Empfindungen auszublenden. Vielleicht hilft es dir, dir dabei etwas vorzustellen, dass für dich Ruhe ausstrahlt. Eine Landschaft, ein Farbe, oder ein Bild z.B..

2. Die Schwereübung

Bei der Schwereübung kommt es darauf an, ob du Rechts- oder Linkshänder bist. Rechtshänder beginnen mit dem rechten Arm, Linkshänder mit dem linken. Sage dir: „Mein rechter/linker Arm ist ganz schwer“ und wiederhole diese Suggestion drei- bis sechsmal. Spüre dabei in dich hinein, wie dein Arm durch das Loslassen von Muskelspannung ganz schwer wird.

Nach jeder Schwere-Suggestion folgt einmal die Ruheformel: „Ich bin ruhig.“ Konzentriere dich jetzt auf den anderen Arm und wiederhole Suggestion und Ruheformel.

Anschließend folgt für Rechtshänder das rechte Bein, für Linkshänder das linke. Auch hier wird nacheinander erst drei- bis sechsmal die Schwere-Suggestion und anschließend einmal die Ruhetönung gesprochen. Fühle bei jedem Körperteil nach, ob es sich angenehm schwer und entspannt anfühlt.

Zum Abschluss sage dir: „Mein ganzer Körper ist ruhig und schwer.“

3. Die Wärmeübung

Entspannt der Körper, erweitern sich die Blutgefäße und die Haut wird besser durchblutet. Dieser Effekt wird durch die Wärmeübung noch verstärkt. Auch bei dieser Suggestion fangen Linkshänder mit der linken Körperseite an, Rechtshänder mit der rechten. Jede Suggestion wird drei- bis sechsmal wiederholt, gefolgt von einer Ruhetönung. 

Beginne mit der Ruhetönung, und gehe dann nacheinander beide Arme und Beine durch, sage dir bei jedem Körperteil: „Mein linker/rechter Arm ist wohlig warm. Mein linkes/rechtes Bein ist wohlig warm.“

Spüre dabei jedes Mal die angenehme Wärme, die das jeweilige Körperteil durchströmt.

Am Schluss sage dir: "Mein ganzer Körper ist wohlig warm.“

4. Die Herzübung

Die Herzübung gehört in den Grundübungen des Autogenen Trainings zu den Organübungen. Es ist eng mit deiner Lebenskraft verbunden, bei dieser Übung konzentrierst du dich auf deinen Herzschlag und lässt ihn einfach geschehen.

Schließe die Augen, atme tief ein und aus, spreche einmal die Ruhetönung. Spüre dann in deinen Brustkorb und lasse deinen Herzschlag auf dich wirken. Sage dir „Mein Herz schlägt ruhig und gelassen“, wiederhole diese Formel drei- bis sechsmal.

Spreche anschließend noch einmal die Ruhetönung.

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5. Die Atemübung

Bei der Atemübung geht es darum, bewusst deinen Atem wahrzunehmen. Beginne wieder mit der Ruhetönung, anschließend sagst du dir drei- bis sechsmal die Formel „Mein Atem fließt ruhig und gleichmäßig“ auf.

Jeder Atemzug vertieft deine Entspannung. Achte während der Übung darauf, wo du deinen Atem gerade spürst. Fließt er durch die Nase? Fühlt sich die Luft gerade warm oder kalt an? Kannst du spüren, wohin sie fließt?

Beende diese Übung wieder mit der Ruheformel.

6. Die Leibübung

Die Leibübung zielt auf das Sonnengeflecht (auch Solarplexus genannt) ab. Es ist ein Geflecht von Nervenfasern und sitzt hinter dem Magen und unter dem Brustbein nahe am Rücken. Es hat Einfluß auf die Bauchorgane wie Leber, Darm und Nieren.

Auch hier beginnst du wieder mit der Ruhetönung, spüre anschließend in dich hinein und konzentriere dich auf dein Sonnengeflecht. Lasse ein schützendes Gefühl von Geborgenheit entstehen. Hierzu kannst du z.B. eine Wärmflasche als Hilfsmittel auf deinen Magen legen.

Sage dir  drei- bis sechsmal „Mein Sonnengeflecht ist strömend warm.“ Stelle dir dabei eine heilsame Energie vor, die dein Sonnengeflecht nährt. Beende diese Übung mit der Ruhetönung.

7. Die Stirnkühleübung

Bei der letzten Grundübung geht es darum, Kühle in der Stirn zu erzeugen, wodurch ein Kontrast zu der Wärme im restlichen Körper geschaffen werden soll. Der Kopf wird besser durchblutet und dadurch klarer. 

Beginne mit der Ruheformel und sage dir anschließend drei- bis sechsmal „Meine Stirn ist angenehm kühl.“ Stelle dir dazu eine kühlende Hand vor, die auf deiner Stirn liegt.

Schließe die Übung mit der Ruhetönung ab.

Die Zurücknahme

Nach den sieben Grundübungen des Autogenen Trainings erfolgt die so genannte Zurücknahme, in der du dich wieder aktivierst.

Winkel dazu deine Arme an und bewege sie mit schnellen Bewegungen hin und her, atme dazu mehrmals tief durch. Öffne deine Augen und strecke deinen ganzen Körper. Hast du das Autogene Training im Liegen durchgeführt, bleibe noch einen Moment liegen, bevor du aufstehst.

Wer sollte auf Autogenes Training verzichten?

Die Herzübung sollte von niemandem (alleine) durchgeführt werden, der bereits einen Herzinfarkt hatte, oder unter Herzproblemen leidet. Solltest Du Sodbrennen, oder Bauchschmerzen haben, verzichte am besten auf die Sonnengeflechtübung. Leidest Du an Migräne oder Kopfschmerzen, lasse die Stirnkühleübung weg, denn diese könnte deine Schmerzen noch verstärken.

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