Innere Kraft stärken in unsicheren Zeiten: So linderst du deine Angst und bleibst handlungsfähig
Angst, Machtlosigkeit und Unsicherheit sind in diesen Tagen für viele von uns sehr präsent. Vielleicht funktionieren wir in unserem Alltag, doch unsere Gedanken schweifen immer wieder ab, lassen uns zweifeln an dem, was wir uns so sehr wünschen: ein friedliches Miteinander. So können wir diese starken Gefühle einordnen, unseren Alltag mit Dankbarkeit und Ruhe bewältigen und trotzdem Mitgefühl zeigen.
Mitgefühl für die Welt
Es heißt, in der Stille können wir Stärke finden, unser Selbst erkennen und das innere Licht strahlen lassen. Doch was geschieht, wenn uns diese Stille abhanden kommt? Wenn die Welt um uns herum so laut ist, dass auch in uns Lärm, Angst und Unsicherheit herrschen. Machtlosigkeit und Ohnmacht können sich breit machen und unsere Gedanken vollkommen einnehmen. Besonders jetzt droht die Unsicherheit die Kontrolle zu übernehmen.
Eine tiefe Verbindung zu unserem Mitgefühl und unserer Empathie, macht uns zu Wesen, die bereit sind anderen dabei zu helfen, das erfahrene Leid zu ertragen und zu mindern, wenn wir es können. Die Liebe zum Leben, die Liebe zu den Menschen um uns herum, und auch zu denen, die wir nicht kennen, ist ein wichtiges Gut.
Wann wird Mitgefühl zu Weltschmerz?
Im Duden wird unter dem Begriff Weltschmerz die seelische Grundstimmung prägenden Schmerzes und Traurigkeit verstanden. Ein Zustand, den viele von uns vielleicht auch kennen. Die meisten von uns schauen sich um, draußen ein blauer Himmel, ein beginnender Frühling und die Aussicht auf so lang ersehnte Lockerungen der Coronamaßnahmen. Doch die Welt außerhalb unserer Blase scheint immer mehr aus dem Gleichgewicht gekommen zu sein. Schalten wir die Nachrichten ein, geben uns der Flut der Meldungen hin, so bekommen wir ein anderes Bild von der Welt. Dabei streben die allermeisten von uns in ihrem Alltag doch nach Sicherheit, Frieden und liebevollen, emphatischen Verbindungen.
Wie können wir die Angst lindern?
Es ist also kein Wunder, dass uns die Meldungen und Dynamiken Angst machen und zu einem Gefühl der Machtlosigkeit führen können. Dabei ist es wichtig, dass wir eines verstehen: Die Furcht davor, dass das Leben sich auf einmal schlagartig ändert, die Angst, nicht mit dem Leid der anderen umgehen zu können, ist erst einmal nicht krankhaft, sondern eine logische Reaktion auf eine mögliche Gefahr. Ängste helfen uns dabei, reale Bedrohungen einzuschätzen. Unser Körper wird in Folge des Stresses aktiviert, unsere Kräfte werden mobilisiert und wir müssen entscheiden: Weglaufen oder Kämpfen. Beide Optionen sind in unserer aktuellen Situation allerdings nicht hilfreich, sie lösen das Problem nicht. Die Energie, die unser Körper aufbringt, kann nicht abgeleitet werden. Das kostet sehr viel Kraft.
Folgende Fragen können dir dabei helfen, deine Angst besser zu verstehen:
Woran hindert meine Angst mich?
Gibt es momentan Situationen, in denen meine Angst mir hilft?
Raubt meine Angst mir Energie?
Was verstärkt mein Angstgefühl?
Diese Fragen schenken dir einen genaueren Blick auf das, was deine Angst dir mitteilen möchte. Dabei ist wichtig: Wir können die Angst nicht vollständig beseitigen und das müssen wir auch nicht. Niemand ist vollkommen angstfrei. Was wir allerdings tun können, ist, der Angst eine Grenze aufzuzeigen.
Stellen wir uns zum Beispiel vor, die Angst nicht höher als über den Bauchnabel steigen zu lassen. Die Angst darf sich unterhalb dieser Grenze aufhalten, sie darf da sein, und uns beschützen, sollten wir sie brauchen. Unser Gedankenzentrum in unserem Kopf und unser Emotionszentrum in unserer Brust bleiben von der Angst möglichst unberührt – so können wir einer Identifikation mit diesem Gefühl entgegensteuern. Wir sind nicht die Angst, sondern verbunden mit unserer wahren Essenz.
Wie verbinden wir uns wieder mit unserer inneren Stimme und Kraft?
Vielleicht fragst du dich, ob es nicht egoistisch ist, sich in Zeiten der Unsicherheit, sich mit der eigenen Entwicklung zu beschäftigen. Doch die Wahrheit ist: Nur, wenn wir unsere Energie bei uns behalten, sie nachhaltig aufbauen, können wir einen Teil davon abgeben. Sei es in Form einer Geldspende, einer Sachspende, dem Beiwohnen einer Demo oder direkter, praktischer Hilfe. Das gilt übrigens für alle Krisen.
Den Weg zu unserer inneren Stimme und Kraft wiederzufinden, kann uns zunächst wie eine große Herausforderung vorkommen. Doch besonders die Yoga-Philosophie hält hier einige wichtige Tipps und Übungen bereit. So zum Beispiel auch die Lebensregeln nach Patanjali, dem Vater des Yoga.
Hilfreiche Lebensregeln nach Patanjali
1. Ahimsa
„Ahimsa“ bedeutet wörtlich „nicht schaden“: Diese Regel beinhaltet, dass wie damit aufhören, anderen und vor allem auch sich selbst Schaden zuzufügen – Schaden nicht nur durch Taten, sondern auch durch Worte und Gedanken. Der Streit mit anderen ist ein Streit mit uns selbst, denn allem Ärger liegen Wünsche zugrunde, die mit unserem Ego zu tun haben. Gehe also nicht gegen dich selbst an – du darfst Ruhe bewahren, deine Energien aufladen, um im Außen handlungsfähig zu bleiben.
2. Sauca
„Sauce“, Reinheit, zielt nicht nur auf die Reinigung der Gedanken, Emotionen und Handlungen ab, sondern auch auf den Körper und den Platz, an dem man sich aufhält. Patanjali sagte: „Der Körper ist die erste Widerspiegelung des reinen Selbst, also ernähre ihn gut und vernünftig und reinige ihn regelmäßig durch Atemübungen.“ Auch in Zeiten der Angst und Unsicherheit, ist es wichtig für den eigenen Körper zu sorgen. Versuche genügend zu essen und zu trinken, auch wenn sich der Gedanke aufdrängt, andere bräuchten die Nahrung gerader noch dringender. Versuche dich in Dankbarkeit zu üben und falls du kannst, spende einen Teil des Überflusses, in dem wir uns befinden.
3. Santosha
Das Wort „zufrieden“ enthält das Wort „Frieden“. Beim Praktizieren von Zufriedenheit geht es vor allem um die Haltung, die wir gegenüber Situationen, Personen, Schmerzen oder Umständen einnehmen. Da wir die Umstände nicht ändern können, sondern nur das Leid für einen ganz kleinen Teil der betroffenen Menschen erträglicher machen können, müssen wir uns darin üben, zu akzeptieren. Akzeptanz ist der erste Schritt des inneren Friedens, den uns niemand nehmen kann. An unsere Essenz kommt niemand heran.
4. Tapah
Das Leben besteht aus Gegensätzen: Geburt und Tod, Glück und Unglück, Hitze und Kälte, Gesundheit und Krankheit. „Lerne dies zu sehen und zu unterscheiden“, sagt Patanjali, „und übe dich in Gleichmut.“ Wir können und dürfen uns von äußeren Umständen ein Stück weit freimachen. Wo ein Anfang ist, da ist auch ein Ende; und wo ein Ende ist, da ist auch wieder ein Anfang. So lange wir unser Mitgefühl und den Willen zur Solidarität und Hilfe nicht verlieren, nicht vollkommen abblocken, können wir uns freimachen.
Für akute Situationen der Überforderung können dir außerdem yogische Atemübungen helfen, wie diese:
Hoffnung zulassen
Und auch, wenn Situationen vielleicht erst einmal aussichtslos erscheinen – erlaube dir hoffnungsvolle Momente. Sie bauen dich auf und stärken die Verbindung zu deiner Essenz. Erlaube dir Dinge zu beginnen, die dir das Gefühl von Stabilität geben. Vielleicht kannst du etwas Schönes Kochen oder Backen, einen Tagebucheintrag verfassen, Freund:innen treffen und nach einem kurzen Austausch über die Weltlage, vor allem auch über alltägliches Sprechen und dich verbinden. Es gibt viele Möglichkeiten, die dein Stresslevel senken und deine Kräfte wieder bündeln, dich wieder handlungsfähig machen.
Positive Affirmationen für ungewisse Zeiten
Ich darf zur Ruhe kommen und meine Kräfte bündeln.
Ich darf Momente des Glücks erleben.
Ich darf mich auf meine Arbeit und meine Familie konzentrieren.
Meine Essenz geht niemals verloren.
In mir wohnt eine ewige Freiheit.
Niemand kann mir meine Kraft und Energie nehmen.
Ich darf meine Angst akzeptieren und sie begrenzen.
Ein liebevoller Hinweis:
Sollte dich die aktuelle Situation so stark überfordern, dass du dich selbst nicht mehr regulieren kannst, oder du einen enormen Leidensdruck spürst, so solltest du nicht davor zurückschrecken, dir professionelle Hilfe zu suchen.
Wir stehen hinter der Ukraine und für den Frieden
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