Yoga-Nidra: den yogischen Schlaf lernen
Es gibt Zeiten, in denen wir uns erschöpft und gestresst fühlen. Wir können nicht mehr klar denken und finden keine Ruhe. Dann hilft Yoga-Nidra. Es ist eine Form aus Tiefenentspannungs- und Meditationstechniken, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von dem indischen Yoga-Meister Satyananda Saraswati aus verschiedenen Yoga-Techniken entwickelt wurde. Die Übungen werden im Liegen durchgeführt und eignen sich hervorragend zum Stressabbau.
Der Schweizer Yoga-Lehrer, Coach, Therapeut und Autor Andreas Ziörjen ist Yoga-Nidra-Spezialist und empfiehlt, täglich 30 Minuten Yoga-Nidra zu praktizieren. So kann uns der „yogische Schlaf“, wie Yoga-Nidra auch genannt wird, nachhaltig entspannen. Und er hat uns auch verraten, was wir sonst noch über die Praxis wissen sollten:
Kann jeder den yogischen Schlaf lernen?
Yoga-Nidra ist besonders für Beginner und Yoga-Wiedereinsteiger geeignet. Die Technik ist weder schwierig noch anstrengend oder ermüdend. Wir brauchen kein spezielles Vorwissen und die ersten Ergebnisse, wie zum Beispiel weniger Müdigkeit, Stressreduktion, ein einfacherer Zugang zu positiven Gefühlen, sind häufig bereits nach wenigen Tagen Praxis spürbar.
Wie wird Yoga Nidra praktiziert?
Yoga Nidra folgt immer einem bestimmten Ablauf, der von außen nach innen führt. Dieser sieht wie folgt aus:
Vorbereitung:
Im Shavasana, der Ruhehaltung, nehmen wir Körper- und Atem wahr und entspannen uns.
Sankalpa:
Das Sanskritwort bedeutet so viel wie Vorsatz, Entschluss oder Sprache der Wahrheit. Wir formulieren einen positiven, kurzen Leitsatz in klarer Sprache. Dieser wird mehrmals wiederholt und so im Unterbewusstsein verankert. So weisen wir unseren Geist in eine positive Richtung und stärken unsere Willenskraft.
Kreisen der Wahrnehmung durch den Körper:
Die einzelnen Körperteile werden durch das Wahrnehmen in einer immer wiederkehrenden festgelegten Reihenfolge bewusst gemacht. Dabei wiederholen wir gedanklich auch den Namen des betreffenden Körperteils. So wird der Energiefluss erhöht und es entsteht eine Trennung des Bewusstseins von der sensomotorischen Wahrnehmung.
Gegensatzpaare:
Wir rufen verschiedene gegensätzlichen Empfindungen (warm/kalt, rechts/links, schwer/leicht etc.) in schnellem Wechsel auf. Dies stellt eine Verbindung zwischen den beiden Gehirnhälften her und hat einen harmonisierenden Einfluss auf das Gehirn.
Visualisierung:
Im letzten Drittel der Übung ist unser Bewusstsein schon tief entspannt und wir visualisieren verschiedene Bilder in schneller Reihenfolge beispielsweise "blauer Himmel", "Eichenwald", "rote Tulpen", etc. Dabei können auch Bilder aus tiefen Schichten des Unterbewusstseins auftauchen, die so nochmals erlebt und aufgelöst werden.
Wiederholung des Sankalpa:
Wir wiederholen erneut unseren Leitsatz zur Vertiefung.
Abschluss:
Ganz langsam kommen wir in das Hier und Jetzt zurück
Gibt es eine ideale Ausgangsposition?
Ideal ist es, wenn wir in Rückenlage auf einer weichen Yoga-Matte üben. Am besten decken wir uns mit einer leichten Decke zu und legen allenfalls ein dünnes Kissen unter den Kopf. Der relativ feste Bodenkontakt verbessert unsere Körperwahrnehmung und wir können vollständig loslassen. Das ist natürlich nicht immer möglich. Deshalb muss die Praxis aber nicht ausfallen. Grundsätzlich können wir in jeder Haltung üben, in der wir entspannen können – sei es im Bett, auf dem Sofa, in einem Flugzeug- oder Zugsessel.
Welche ist die beste Tageszeit für die Praxis?
Die gibt es nicht. Es lässt sich zu jeder Tages- und Nachtzeit durchführen. Allerdings wirken die Übungen auf die meisten Menschen trotz der Entspannung leicht aktivierend. Deswegen sollten wir bei Schlafproblemen eher am Vormittag auf der Matte sein. Einfach ausprobieren, welche Tageszeit sich am besten anfühlt!
Wie oft sollte ich Yoga-Nidra üben?
Für einen nachhaltig spürbaren Effekt lohnt es sich, die Übungen jeden Tag – oder zumindest mehrmals wöchentlich – in unseren Alltag zu integrieren. Denn in unserem Körper und Geist sammeln sich durch die Geschäftigkeit des modernen Lebens ständig Verspannungen an. Yoga-Nidra kann diese lösen. Natürlich können wir Yoga-Nidra aber auch einfach zur gelegentlichen Entspannung nutzen.
Ist Yoga-Nidra nicht das Richtige für mich, wenn ich Mühe habe, mich so lange nicht zu bewegen?
Keinesfalls! Sind die Impulse stark, dürfen wir uns bei der Praxis natürlich bewegen. Strengen wir uns stattdessen krampfhaft an, still zu bleiben, wäre das nur eine Ablenkung. Mit fortschreitender Übung wird es immer leichter fallen, sich zu entspannen und still zu liegen. Das Schönste am Yoga-Nidra ist, dass wir mit wenig Aufwand lernen, uns tief zu entspannen und Altes hinter uns zu lassen. Es gilt wie immer beim Yoga: einfach ausprobieren – wir können nichts falsch machen.
Buchtipps:
Noch mehr über Yoga-Nidra erfahren wir in dem neuen Buch inkl. Übungs-CD von Andreas Ziörjen: "Loslassen mit Yoga-Nidra".