Gardening: Gesundheit für Körper und Seele
Eine alte Weisheit besagt: Man betritt niemals denselben Garten zweimal. Es sind Schmetterlinge und Bienen, Blüten und Wachstum, Farbtöne und Wettereinflüsse, die die Beete ständig verändern – manchmal innerhalb von Sekunden, manchmal erst über Nacht. Und so wie sich im Garten die ewige Metamorphose des Lebens vollzieht, verändert er auch uns: Ein Blick auf das verwunschene Wildkräuter-Beet oder in die Rosen-Rabatten genügt und unser Körper schüttet Glückshormone aus, gleichzeitig erden wir uns. Schon dreißig Minuten Gardening – also das Gärtnern – reduziert Studien zufolge Stresshormone und macht gesund. Kein Wunder, dass für die allermeisten von uns das Gardening vollkommene Entspannung und pures Glück bedeutet.
Doch selbst wer nur die Zimmerpflanze umtopft oder auf Nachbars Garten schaut, erfährt einen positiven Effekt. Denn Grün ist die Farbe unserer Seele und unseres Geistes. Sie hebt binnen von Minuten unsere Stimmung und unser Selbstwertgefühl. Mehr noch: Untersuchungen belegen, dass Patienten in Krankenhäusern schneller gesund werden, wenn sie Pflanzen vor ihrem Fenster haben. Die Heilwirkung ist mittlerweile auch von der Wissenschaft anerkannt: Immer mehr Kliniken, Reha-Zentren und Seniorenheime bieten beispielsweise bei Burn-Out, Depressionen und chronischen Schmerzen Gärtnern als Therapie an (Infos gibt es hier).
Schon der Naturphilosoph Jean-Jacques Rousseau lehrte, dass der Mensch das Glück der Vollkommenheit spürt, wenn er Zeit im Garten verbringt und somit im Einklang mit der Natur lebt. Samen säen, Unkraut zupfen und Beete umgraben, sind nicht nur gesund für unsere Seele, sondern fördern auch den Körper. Gardening ist wie ein komplettes Trainings-Programm für die Muskeln. Wichtig dabei ist aber, dass wir uns nicht übernehmen. Wer beispielsweise endlich die wildwuchernde Hecke zurückschneidet, sollte die Wiese lieber am nächsten Tag mähen. Eine Aufgabe pro Tag ist besser als bis zur Erschöpfung zu arbeiten – sonst haben wir am nächsten Tag womöglich Muskelkater und Rückenschmerzen.
Warum Gärtnern gesund für den Geist ist
Wärmende Sonnenstrahlen auf der Haut, duftende Erde, Vogelgezwitscher, konzentrierte Arbeit mit unseren Händen – das Gärtnern reizt zudem alle unsere Sinne und wirkt so direkt auf das Gehirn: Die Hirnströme werden ausgeglichen und das Gehirn funktioniert wieder effizienter. Zudem sorgen die langsamen, sich ständig wiederholenden Bewegungen für einen tranceartigen Zustand, in dem sich die Gedanken neu ordnen lassen, die Sicht auf die eigenen Probleme wird klarer. Und selbst schwere Arbeiten wie Holz hacken oder Beete umstechen haben einen positiven Effekt auf unsere Emotionen: Wir bauen Stress und Anspannung ab. Auch für den Schriftsteller Hermann Hesse war Gärtnern das Elixier seines Lebens. Dort, wo der Nobelpreisträger sich keinen anderen Gesetzen als denen der Jahreszeiten beugen muss, wo Sonnenblumen, Dahlien und rote Nelken ihm den Kreislauf des Lebens so unschuldig wie eindringlich offenbaren, findet Hermann Hesse immer wieder zu sich selbst – und ein Stück Seelenfrieden.
Welche Erkenntnisse uns Gardening schenkt
Aus diesen Stunden im Garten und auf seinem Balkon zieht Hesse eine seiner wichtigsten Erkenntnisse: Wer in Blumenrabatten nach bekannten Formen und Ordnung sucht, findet sie. Selbst die scheinbar wildeste Mischung aus Dahlien, Sonnenblumen und roten Nelken folgt einem System – den Gesetzen der Natur. So gedeihen Nelken beispielsweise besonders schnell neben Schafgarbe. Junge Sonnenblumen folgen mit ihrem Kopf dem Sonnenlauf; sind sie ausgewachsen, „schauen“ sie nach Osten, Richtung Sonnenaufgang. Und sobald ein Schauer droht, schließen die meisten Blumen ihre Blütenkelche.
Diese Physik des Gartens, eine unumstößliche Ordnung, harmonisiert unser Gemüt, wir erden uns. Wer das System eines Gartens erkannt hat, dem eröffnet sich eine unendliche Quelle der Ruhe. Und so macht uns das Gestalten der Gärten und Balkone glücklich und zufrieden, weil wir der natürlichen Ordnung folgen, etwas Wunderbares erschaffen, das uns zu Herzen geht. Dankbar reflektieren die Pflanzen die Liebe, die wir ihnen schenken. Damit erfüllen sie die Wünsche unserer Seele jeden Tag aufs Neue – denn wir betreten nie denselben Garten zweimal.