Samskara: So können wir Verhaltensmuster ändern
In der Yoga-Philosophie werden sie Samskaras genannt: Glaubens- oder Verhaltensmuster, die so tief in unseren täglichen Gewohnheiten verwurzelt sind, dass sie auch definieren, wer wir sind. Hier erfährst du, wie du Smaskara ganz einfach auflösen kannst
Was bedeutet Samskara?
Samskara – ein Begriff, der sich zusammensetzt aus den Worten „gemeinsam“ und „Ursache“ oder auch „Tun“. Er meint damit die Gesamtheit an Ursachen, die unserem Handeln zugrunde liegen. „Das individuelle Unbewusste speichert Erinnerungen, Bilder und Überzeugungen über die Beschaffenheit der Welt und der eigenen Person. Darüber hinaus finden wir dort Impulse wie Angst, Aggression, Lust, Unsicherheit, Beschützerinstinkt, Mitgefühl, Liebe, Mut, Weisheit“, erklärt der Philosoph Jack Cornfield die Bedeutung der Samskaras in seinem Werk „Das weise Herz“. Anders ausgedrückt: Jede Erfahrung, die wir machen, hinterlässt einen Eindruck. Dieser Eindruck wird gespeichert, bis die Bedingungen reif sind für sein Wieder-Erscheinen.
Samskaras sind damit eine Konditionierung; ein Automatismus, den wir nur schwer durchbrechen können, weil wir ihn gar nicht als solchen erkennen. Das liegt vor allem daran, dass emotionale Eindrücke im limbischen System gespeichert werden – jenem Gehirnareal, dessen Auswirkungen kaum kontrollierbar sind. Der rationale Zugang zu unseren Samskaras bleibt uns damit zunächst verwehrt.
Wie entstehen die Samskara?
Das Ändern der Samskaras ist das ständige Entdecken, Zerlegen und Loslassen von negativen Konditionierungen wie „Ich bin nicht gut genug“. Yoga kann uns dabei helfen und den Fluss unseres Lebens verändern. Solch ein negatives Samskara entsteht durch ein Ereignis (häufig schon in unserer Jugend), mit dem wir einen unbewussten Glauben verbinden. Zum Beispiel während des Schwimmunterrichts: Bin ich das einzige Kind, das es nicht wagt, zu tauchen oder vom Drei-Meter-Brett zu springen, kann die Überzeugung entstehen, dass ich nicht gut genug bin. Dieser Glaube ist stark; unbewusst wiederholen wir ihn in allen möglichen Situationen und schaffen so ein Verhaltensmuster, mit dem wir uns wieder selbst sabotieren. Wir sagen uns immer wieder, dass wir tatsächlich nicht gut genug sind, glauben das und ergreifen ständig Maßnahmen, um den Schmerz zu vermeiden, der mit der Ablehnung einhergeht. So werden wir entweder nur noch selten schwimmen gehen oder aber trainieren so lange, bis wir ein ausgezeichneter Schwimmer sind. Beide Verhaltensmuster erhalten das Samskara und damit den Schmerz.
So hilft Yoga beim Lösen alter Samskaras
Yoga ist eine wunderbare Möglichkeit, die Wurzeln unseres Leidens zu erforschen und zu lernen, sie erst zu akzeptieren und dann zu transformieren. Durch bestimmte Yoga-Haltungen oder auch Asanas können wir langsam den Schmerz in unserem Leben entdecken. Die Iyengar-Lehrerin Nanda Peek hat dafür folgendes Konzept entwickelt:
1. Der erste Schritt
Die Samskaras befinden sich im Unterbewusstsein und sind daher nicht zugänglich oder nur in ihren Ausdrücken in unserem bewussten Teil. Da dieser Ausdruck oft der Schmerz oder das Leiden ist, können wir die Absicht nutzen, diesen Schmerz oder das Leiden zu erforschen. Längere Yoga-Haltungen sind perfekt dafür. Dabei können wir erforschen:
Wo sitzt das Unbehagen?
Kann ich mit meiner Aufmerksamkeit dabeibleiben?
Was möchte ich vermeiden?
Wann wird es schwierig?
2. Die Intensität steigern
Das Erhöhen der Intensität unserer Yoga-Praxis steigert auch die Intensität unserer Gefühle, wodurch es einfacher wird, das eigene Verhalten, die Gefühle und Gedanken kennenzulernen.
3. Zum Kern vordringen
Nach der Yoga-Einheit schreiben wir auf, was wir in dieser erlebt haben. Diese Analyse ist ein wichtiger Schritt, bei dem uns auch professionelle Hilfe (der Blick von außen) helfen kann, um die irrationalen emotionalen Verhaltensmuster, die auf Angst und Vermeidung beruhen, zu durchschauen und zu ersetzen. Die Samskaras können eine solche Urkraft haben, dass sie einen großen Einfluss auf unseren Willen und unser Denken haben.
4. In die Akzeptanz kommen
Bevor wir etwas loslassen können, müssen wir es akzeptieren. Dabei hilft es, regelmäßig zu meditieren. Sobald wir in der Akzeptanz angekommen sind, können wir uns sagen: Ich lasse dieses Verhaltensmuster (das Schmerzen verursacht) los und ersetze es bewusst durch ein anderes Verhalten, das mich zu meinen Zielen führt.
5. Verhaltensmuster mutig anschauen
Zu akzeptieren und dabei wieder den alten Schmerz zu fühlen, erfordert Mut. Wir können es auch während des Yogas praktizieren. So können wir den Schmerz fühlen und trotzdem von einer Asana in die nächste fließen – ein Ausdruck unserer Entwicklung und dass wir die Macht haben, etwas zu verändern.
6. Raum schaffen
Indem sich beim Yoga Verspannungen lösen und die Faszien geschmeidiger werden, schaffen wir Platz im Körper und damit auch Freiheit in unserem Kopf. Diese Freiheit kann eine Inspirationsquelle für neue, positive Konditionierungen sein. Wir fokussieren uns auf diese neuen Visionen und verfolgen sie. Die positive Konditionierung bedeutet auch, Liebe zu fühlen, anderen etwas zu geben (geistig und/oder materiell), sich dem Leben hinzugeben und sich in das zu vertiefen, was für uns wichtig ist. Gleichzeitig achten wir weiter auf unsere Verhaltensmuster und überprüfen sie von Zeit zu Zeit.
Die unendliche Übung
Samskaras können hartnäckig sein und in kritischen Momenten oder Stress wieder auftauchen. Wenn wir diesen Vorgang bewusst wahrnehmen, werden wir weniger überrascht sein, falls wir in alte Glaubens- oder Verhaltensmuster zurückfallen. Wir akzeptieren es und lenken unsere Aufmerksamkeit auf die neue Interpretation dieser. Wir treffen eine Wahl! Das erfordert Übung. So wie wir unsere Yoga-Praxis wiederholen und jedes Mal etwas anderes erleben, verhält es sich auch mit den Samskaras. Machen wir uns auf den Weg!