Grüne Kraft: So lebst du im Einklang mit der Natur
Die gleiche Lebenskraft, die die Jahreszeiten verändert, die Samen zum Keimen und die Bäume zum Blühen bringt, ist auch im Inneren des Menschen und lässt unser Herz schlagen, unser Blut rauschen und unser Haar wachsen. Diese vitalisierende Macht der Natur ist eine Nahrungsquelle, zu der wir regelmäßig zurückkehren müssen. Bei Hildegard von Bingen (1098-1179), Äbtissin eines Frauenklosters, Mystikerin, Kräuterheilerin und Komponistin, war der Begriff der Viriditas so zentral wie bei keiner anderen. Sie beschrieb Viriditas als eine grüne Kraft, ein ursprüngliches Prinzip, das überall zu finden ist. Wie du sie für dich nutzen kannst, erfährst du hier.

Schöpferische Kraft
Diese grüne Kraft ist eine schöpferische und erschaffende Kraft, die sich in der Blüte von Pflanzen und Blumen, in den Säften, die durch die Wurzeln, den Stamm, die Äste und die Blattadern der Bäume fließen und in der Frische der Erde zeigt. Sie ist auch der weibliche Aspekt Gottes/einer höheren Macht als Schöpfer und die Frische, Fruchtbarkeit und das Wachstum in unserem inneren, spirituellen Leben. Sie bringt Erneuerung auf geistiger, seelischer und körperlicher Ebene.
Das Leben ist kein Berg, den man hinauf- und wieder hinunterläuft, sondern eher eine Wellenlinie, die uns aus dem Gleichgewicht bringt und uns zu neuer Frische und einem noch besserem Gleichgewicht führt. Es ist immer Schöpfung und Wachstum möglich, denn alles in der Natur erneuert sich ständig.
Lebenskraft und Vitalität zurückgewinnen
Hildegard stellte das Grüne der Weisheit (sapientia) und die Feuchtigkeit (humiditas) der Trockenheit (ariditas) gegenüber, die für den Verzicht auf Treue, Geist und Tugend steht. Wer sich der Erneuerung verweigert, wird verkümmern und verdorren. Wenn der Saftstrom im Spätwinter, zum Frühjahr hin, nicht in Gang kommt, wird der Baum trocken und stirbt ab. Hildegard verstand viriditas nicht als etwas, dessen man sich nur bewusst sein muss, sondern als einen Fluss, den man in seinem Leben anregen und ausweiten kann. In ihren Büchern und Gemälden benutzte sie Metaphern wie Feuchtigkeit und Früchte tragen, um dies zu erreichen. Wenn man etwas getan hat, das sich als falsch erwiesen hat, „kann die Seele ihre wachsende Kraft und Vitalität durch reumütiges Weinen wiedererlangen“, schrieb sie.

Der Fluss der ewigen Erneuerung
Körper und Geist brauchen, wie alles, was lebt, Sauerstoff, Sonnenlicht, Erde und Regen. Sie wollen mit Lebensenergie und Schönheit genährt werden. Dann gibt es Bewegung, Entwicklung, Lebendigkeit. Stagnation erzeugt Starre und Ohnmacht. Bleib in Bewegung, scheint uns Hildegard über acht Jahrhunderte hinweg zuzurufen. O Mensch, warum lebst du ohne Herz und ohne Blut? Klug sein heißt, sich am Leben zu erfreuen“. Umgeben Sie sich mit Schönheit, halten Sie Ihr Denken und Ihre Glieder geschmeidig, seien Sie kreativ, tauchen Sie immer wieder in den Strom der ewigen Erneuerung ein. Lebe.