Rauhnächte: Bedeutung und Rituale
Die Rauhnächte gelten als magische Zeit zwischen den Jahren. Wie können wie sie für uns nutzen? Und welcher Zauber wohnt ihnen wirklich inne? Die Autorin, Psychotherapeutin und Schamanin Vera Griebert-Schröder (65) aus München widmet sich seit über 30 Jahren den Rauhnächten. Über ihre Erkenntnisse, Rituale und die persönliche Bedeutung der Rauhnächte spricht sie mit happinez.
Es gibt unterschiedliche Auffassungen über die genaue Zeitspanne der Rauhnächte. Welcher folgst du?
Für mich ist es die Zeit zwischen den Jahren: Die Rauhnächte beginnen um Mitternacht nach dem Heiligen Abend und enden mit dem Null-Uhr-Glockenschlag zum 6. Januar. Die erste Rauhnacht ist also der komplette 25. Dezember, die zweite der 26. Dezember und die zwölfte der 5. Januar, stets von Mitternacht bis Mitternacht.
Warum ist diese Zeit so besonders?
Diese Phase ist wie eine Lücke, in der alles etwas langsamer geht, die Menschen zur Ruhe kommen und Zeit für Muße haben – und das seit alters her. Es war ein alter Brauchtum unserer Vorfahren, in dieser Zeit mit Harzen und Kräutern zu räuchern, um Geister und die letzten Energien des vergangenen Jahres zu vertreiben. Schamanen, Seher und Weissager nutzen die Rauhnächte zum Orakeln. Denn jede Rauhnacht steht für einen Monat des kommenden Jahres. Der 25. Dezember für den Januar, der 26. Dezember für den Februar … und so weiter. Seitdem orakeln auch wir in den Rauhnächten oder füllen die Tage mit einer Vision, um uns auf das kommende Jahr einzustimmen.
Wie begehst du die Rauhnächte?
Ich mache mir viele Notizen darüber, was sich mir bei meinen schamanischen Reisen in dieser Zeit zeigt, wovon ich nachts träume und gehe immer wieder in die Selbstreflektion. Meine Journals sind wie ein Anker für das kommende Jahr, auf den ich zurückgreifen kann. Allerdings sind die Rauhnächte auch dafür da, inne zu halten und Kraft zu tanken – das kommt bei mir nicht zu kurz. Und ich zelebriere natürlich das Ritual der 13 Wünsche.
Gab es Eindrücke, aus den Rauhnächten, die besonders intensiv waren?
Durchaus. Ich kann mich an ein Jahr erinnern, da waren meine inneren Bilder von einem untergehenden Schiffen geprägt. Wasser symbolisiert ja das Unbewusste. Es stand für mich eine Zeit des Loslassens, des Spürens, aber auch der Trauer an.
Du hast vor einigen Jahren das Ritual der 13 Wünsche für die Rauhnächte entwickelt. Wie sieht das aus?
Bevor die Rauhnächte beginnen, also vor Heiligabend, schreiben wir 13 Wünsche auf kleine Zettel. Wir überlegen uns: Was ist mir wichtig oder liegt mir am Herzen? Was würde das kommende Jahr vollkommen machen? Wen das nicht anspricht, für den habe ich das Ritual in meinem Buch „Die Rauhnächte als Quelle der Ruhe und Kraft“ (Anm. d. Redaktion: Die Bücher sind unten verlinkt.) in das Ritual „Gutes für die Erde“ abgewandelt: Wir denken uns aus, in welcher Welt wir leben möchten und notieren 13 Wünsche, die Gutes und Heilsames für die ganze Erde bewirken. Beispielsweise dass das Wasser auf der Erde in Zukunft rein, klar und allen Menschen zugänglich ist. Oder dass die Menschen wertschätzend miteinander umgehen.
Was mache ich dann mit den Zettelchen?
Wir falten die Zettel und stecken sie in eine kleine Box oder ein Säckchen. In jeder Rauhnacht ziehen wir einen Zettel heraus und verbinden uns mit der geistigen Welt oder den Kräften, die wir als wohlwollend mächtig empfinden. Und verbrennen den Wunsch, ohne ihn noch einmal gelesen zu haben. Wir übergeben ihn damit den höheren Kräften und schauen zu, wie der Rauch in die Luft steigt. Wer mag, verstreut die Asche oder übergibt sie der Erde. Zum Abschluss danken wir den Elementen für ihre Unterstützung. Am 6. Januar ist dann noch ein Zettel übrig. Wir entfalten feierlich das Papier und lesen den Wunsch – um ihn dürfen wir uns im kommenden Jahr selbst kümmern, damit er in Erfüllung geht.
In den Rauhnächten ist das Räuchern eine alte Tradition. Bindest du diese auch ein?
Es ist eine gute Zeit, um Altes gehen zu lassen. Dafür zünden wir Räucherwerk wie Salbei oder Weihrauch an, gehen durch alle Zimmer und öffnen die Fenster. So weit, so einfach. Der eigentliche Sinn des Rituals liegt aber etwas tiefer: Indem wir ganz bewusst Türen und Fenster öffnen und alles, was an Schatten und nicht wohlmeinender Energie mit dem Rauch hinausbegleiten – beispielsweise mit einer Feder oder durch das Fächern mit den Händen – übergeben wir diese Energien an etwas Höheres. Anschließend schließen wir Fenster und Türen, entzünden eine Kerze und laden das Licht wieder ein.
Du hast mittlerweile drei Bücher zu den Rauhnächten geschrieben. Was wünscht du dir für deine Leser und Leserinnen?
Ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass es neben unserer Welt noch etwas gibt, das viel größer ist. Im Ritual der 13 Wünsche oder auch beim Räuchern öffnen wir uns für diese andere Welt. Wir können einen Zettel einfach anzünden oder wir übergeben ihn dabei an die größere Welt, an das höhere Bewusstsein, mit dem wir alle verbunden sind. Denn unser Bewusstsein schafft viel von der Realität, in der wir leben. Diese Erkenntnis wünsche ich mir für die Leser und Leserinnen.
Über Vera Griebert-Schröder
Seit über 25 Jahren ist Vera Griebert-Schröder in eigener Praxis als Heilpraktikerin, klassische Homöopathin und Therapeutin in München tätig.Ihre zahlreichen Ausbildungen bei Schamanen verschiedener Kulturen und die humanistische und transpersonale Psychologie fließen in ihrer Arbeit harmonisch zusammen. Unterstützende Rituale, die sie in aller Welt kennengelernt hat, sind ein wichtiger Teil ihrer Seminararbeit. Diese Synthese von altem und neuem Wissen, das Bewusstsein für den Jahreskreis und ihr Wissen über die Rauhnächte macht sie für unseren westlichen Kulturkreis verständlich und für den Alltag anwendbar. Als Autorin liegt ihr die praktische Anwendbarkeit am Herzen. Vera hat drei Bücher über die Rauhnächte geschrieben: "Vom Zauber der Rauhnächte", "Die Rauhnächte als Quelle der Ruhe und Kraft" sowie das persönliche Tagebuch zum Reinschreiben "Meine allerschönsten Rauhnächte". Und auch die "Die Rauhnächte-Orakelkarten" entwickelt, Irsiana Verlag.