Winti: Die Bedeutung des spirituellen Kults aus Suriname
Die Essenz von Winti ist Respekt. Respekt für die Natur, für Mutter Erde, für alles, was lebt. Und Respekt füreinander, für unsere Vorfahr:innen und Nachkommen. Respekt vor dem schönen Kreislauf des Lebens. Bei Winti geht es darum, sich selbst und die Welt um sich herum in Harmonie zu bringen. Die spirituelle Strömung hat seinen Ursprung in Suriname und ist eigentlich eine Verschmelzung mehrerer westafrikanischer und sehr alter spiritueller Traditionen. Sie basiert auf der Prämisse, dass wir Menschen nicht das Sagen haben, sondern dass wir mit der Natur, mit Pflanzen und Tieren, aber auch mit den Geistern – den Winti – zusammenarbeiten müssen. Hier bekommst du einen kleinen Einblick.

Verschiedene Winti
Laut des spirituellen Kults gibt es Naturgeister: die Winti des Wassers (Watra Winti), der Erde (Goron Winti), des Himmels (Tapu Winti), und des Waldes (Busi Winti). Alle Lebensräume, alle Naturräume haben ihre eigenen Energien und Kräfte. Der Winti des Wassers sorgt zum Beispiel dafür, dass das Wasser gesund bleibt und genügend Fische leben. Neben den Naturgeistern spielen auch die Ahnengeister eine wichtige Rolle. Sie helfen uns durchs Leben, leiten uns an. Man ist nie allein. Der Kabra ist der Ahnengeist in der Winti-Religion aus Suriname, der dir zur Seite steht; ein verstorbenes Familienmitglied, das sich besonders um dich kümmert, dein geistiger Führer.

Der Urgott und die Urmutter der Winti
Ein weiteres Merkmal ist, dass der schöpferische Gott (Anana Kedyaman Kedyanpon) in der Winti-Philosophie eine allumfassende Energie oder Quelle des Lebens ist: das Männliche und das Weibliche zusammen. Charakteristisch für die westafrikanische Spiritualität ist jedenfalls, dass der weibliche Aspekt der schöpferischen Kraft sehr wichtig ist und auch geehrt wird. Im Winti ist Mutter Erde – Mama Aisa – eine Frau, sie ist die oberste Mutter. Mama Aisa ist die Mutter aller Mütter, die Mutter aller Väter und aller Kinder, sie ist die ursprüngliche Quelle. Sie gilt auch als Schutzgöttin der Natur, der Kunst und des Handels. Und sie liebt alle, wirklich alle. Sie steht für Inklusivität, weshalb sie heute auch als Schutzgöttin der LGBTQ-Gemeinschaft angesehen wird.
Dankbarkeit und Respekt als höchstes Gut
In der Religion führen Frauen die Rituale oder die Winti-Messe durch. Frauen haben die größten Kräfte, sie sind auch wichtig, weil sie die Traditionen am Leben erhalten, indem sie sie weitergeben. Sie geben nicht nur das Leben, sondern auch die Religion weiter. Bei allen Ritualen geht es zunächst darum, der Erde zu danken. Dankbarkeit dafür, dass wir hier sein dürfen, dass wir essen dürfen, dass wir mit anderen Menschen zusammenarbeiten dürfen. Dankbarkeit, weil wir geboren wurden und weil Mutter Erde uns auch wieder aufnimmt, wenn wir sterben. Es geht um den Respekt vor allen Menschen, vor der Natur und vor jeder Lebensform. Schöne und achtsame Herangehensweisen, die wir auch in unser alltägliches Leben aufnehmen dürfen.