Grenzen setzen: Die Magie von Standhaftigkeit

Grenzen zu definieren ist das Eine, sie zu kommunizieren das Andere – aber standhaft zu bleiben, ist das Schwerste. Hier sind einige Tipps, wie dir dies leichter gelingt.

Frau meditiert beim Sonnenuntergang auf einem Stein
Entfache deine eigene Stärke und spüre, wie Standhaftigkeit dich kraftvoll werden lässt. Foto: Getty Images / pepmiba

In der Standhaftigkeit liegt die Kraft

„Nein“ – dieses eine kleine Wort kann uns zum Verzweifeln bringen, uns aber auch stark machen. Zum Verzweifeln, weil es manchmal nicht leicht ist, es auszusprechen. Stark macht es uns, indem wir unsere Werte vertreten und unsere Identität unterstreichen.

Setzen wir dieses Wort weise ein, fördert es unser Durchsetzungsvermögen. Haben wir schwache Grenzen und ziehen keine Konsequenzen, finden wir uns immer wieder in Situationen, in denen wir nicht sein wollen. Ungewollt leben wir dann nicht nach unseren Werten, sondern nach denen der anderen, verringern unser Selbstwertgefühl oder fühlen uns klein.

Gesunde Grenzen hingegen steigern unser Selbstbewusstsein und lassen uns stark fühlen, indem wir uns selbst behaupten. Im Einklang mit unseren Werten, Bedürfnissen, Wünschen und Träumen zu leben, macht uns ausgeglichener und wir fühlen uns unabhängiger. Aber wie gelingt uns das und wie identifizieren wir unsere Grenzen? In diesem Artikel erfährst du, wie du Grenzen klar benennst, kommunizierst und im Zweifel auch, wie du Konsequenzen ziehst. Standhaftigkeit ist hier unsere Superpower!

„Grenzen setzen ist Ausdruck deiner Liebe zu dir selbst. Grenzen achten ist Ausdruck deiner Liebe zu anderen.“
Elke Bischofs

Emotionales Wohlbefinden

Unser emotionales Wohlbefinden ist etwas, in das wir regelmäßig hineinspüren sollten. Emotionales Wohlbefinden bedeutet, dass wir uns unserer Gefühle bewusst und in der Lage sind, mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen, produktiv und erfüllend zu arbeiten und positive Beiträge zu unserer Gemeinschaft zu leisten.

Wenn du dich in einer Situation befindest, die dir kein gutes Gefühl gibt, oder wenn jemand dich nicht so behandelt, wie du es dir wünschst, oder es um etwas geht, das du nicht tun möchtest, dann frage dich zuerst: Wie fühle ich mich dabei? Versuche ganz bei dir zu bleiben und denke erst einmal nicht an die andere Person.

Es ist wichtig, diese Momente bewusst wahrzunehmen, denn sie geben uns wertvolle Hinweise auf unsere Bedürfnisse und Grenzen. Haben wir Schwierigkeiten damit, unsere Bedürfnisse zu kommunizieren und einzufordern, kann es sein, dass unser Zugang zu dem Gefühl von Wohlbefinden blockiert ist. Indem wir lernen, auf unser Gefühl zu hören und unsere Grenzen zu setzen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, schaffen wir Raum für unser eigenes Wohlbefinden.

Wo Grenzenlosigkeit seinen Ursprung haben kann: Bindung vs. Autonomie

Unstabile oder fehlende Grenzen haben ihren Ursprung oft in unserer Kindheit. Als Kinder lernen wir von unseren Vorbildern – den Eltern oder Erziehungsberechtigten. Wenn damals keine Grenzen gesetzt oder respektiert wurden, sind wir uns als Erwachsene unsicher, ob wir Grenzen ziehen dürfen und wie andere darauf reagieren. Dies kann wiederum eine tiefe Angst in uns aktivieren: die Verlustangst.

Wir tun dies aus dem Verlangen nach Bindung, einem psychologischen Bedürfnis, das in den ersten Lebensjahren erlernt wird. Dem gegenüber steht das Bedürfnis nach Autonomie – das unabhängige Handeln und der eigene Wille –, die wir später entwickeln. Frühere Prägungen können dazu führen, dass der Wunsch nach Bindung stärker ist als der nach Autonomie, wodurch die Verlustangst überwiegt. Beides in Balance zu halten, steigert unser emotionales Wohlbefinden.

Als Kinder war es überlebenswichtig, die Bindung zu den Eltern nicht zu gefährden. Heute wirken oft unbewusste Glaubenssätze wie „Ich darf niemanden verletzen“ oder „Ich darf ihn/sie nicht verlieren“ in unseren Beziehungen. Diese Ängste sind meist unbegründet, da klare Grenzsetzungen eher zu einer positiven Wahrnehmung durch andere führen.

„Das ganze Geheimnis der Existenz ist, keine Angst zu haben.“
Buddha

Vier Arten von Grenzen

Grenzen sind so unterschiedlich und individuell wie die Menschen, die sie setzen. Für den einen sorgt ein bestimmtes Verhalten schneller zu Grenzbrüchen, bei dem anderen beginnt diese viel später. Auch in den verschiedenen Arten von Grenzen kann die Toleranz höher oder niedriger sein.

Es gibt unter anderem:

  • Körperliche Grenzen bestimmen, wie nah dir jemand kommen darf, mit dir sprechen und umgehen darf.

  • Mentale Grenzen helfen, deine Meinung zu vertreten und deinen Standpunkt zu wahren.

  • Emotionale Grenzen trennen klar deine Gefühle von denen der anderen ab. Deine Wahrnehmung wird geschützt, Manipulation vermieden.

  • Zeitliche Grenzen bestimmen, wer dich wann kontaktieren darf, um dich davor zu bewahren, ausgelaugt zu werden.

Entfache deine Durchsetzungskraft

Liebevoll kommunizierte Grenzen können eine Bindung in gesunden Beziehungen sogar stärken und gleichzeitig dafür sorgen, dass du dir selbst treu bleibst. Denn erst, wenn wir unserem Gegenüber kommunizieren, was wir wollen und was nicht, haben andere die Chance, es richtig zu machen. Konsequenzen funktionieren ähnlich: Ist von Anfang an klar, dass du das nicht mit dir machen lässt und etwas darauf folgt, wenn der andere es nicht einhält, steigerst du deine Ernsthaftigkeit und den Respekt, der dir erbracht wird.

Für Durchsetzungsvermögen ist im ersten Schritt wichtig, sich seiner Werte bewusst zu sein. Werte sind wie unser innerer Kompass, der uns Orientierung schenkt. Außerdem helfen sie uns in der Standpunktsicherheit, da wir direkt ein Argument parat haben. Grenzverletzungen sind meist auch Dinge, die nicht mit unseren Werten konform sind.

Werte zeigen uns und unseren Mitmenschen, wonach wir leben. Nehme dir ein Blatt Papier und überlege, welche Dinge dir im Leben wichtig sind. Gehe gern auch nach Lebensbereichen wie Gesundheit, Beziehungen, Familie, Job etc. Mit unseren Werten haben wir einen klaren Standpunkt, womit es uns viel leichter fällt unsere Werte zu vertreten und für uns einzustehen.

Glückliche Frau im Sonnenuntergang
Mache dich frei von den Gefühlen anderer und bleibe ganz bei dir. Foto: Yurok Aleksandrovich's Images

Grenzen setzen ist Selbstfürsorge

Unsere Grenzen und Bedürfnisse hängen stark miteinander zusammen. Häufig geht es uns beim Grenzen setzen darum, unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Der Wunsch nach Zeit für sich erfüllt beispielsweise das Bedürfnis nach Autonomie. Der Wunsch danach, gemeinsam etwas zu unternehmen, soll das Bedürfnis nach Bindung erfüllen. Menschen, die unsere Grenzen nicht respektieren, halten uns quasi einen Spiegel vor, der uns verrät, wie es um unser Selbstwertgefühl steht. Denn so wie wir uns von anderen behandeln lassen, geht stark damit einher, wie wertvoll wir uns selbst wahrnehmen.

Auch du kannst Grenzen setzen lernen. Hier sind hilfreiche Schritte auf dem Weg zu gesunden Grenzen.

Beginne damit, dich zu fragen, in welchen Lebensbereichen du bereits gute Grenzen hast und wo du häufig Probleme hast – beziehe die Frage gern auch auf Mitmenschen: Bei welchen Personen sorgen Grenzen für Schwierigkeiten? Frage dich dann, was es in den anderen Lebensbereichen bräuchte, damit sie zufriedenstellend sind.

1. Definiere deine Grenzen. Welches Verhalten deiner Mitmenschen dir gegenüber findest du akzeptabel, welches nicht? Gehe hier gern die vier Arten von Grenzen ein mal für dich durch und werde konkret.

2. Kommuniziere deine Grenzen. Achte auf eine klare Sprache, formuliere in Ich-Botschaften und trete möglichst selbstbewusst auf.

3. Rechtfertige dich nicht für deine Grenzen. Deine Grenzen brauchst du nicht zu begründen oder dich in Erklärungen verlieren. Wir alle haben das Recht, zu sagen, dass wir etwas nicht wollen.

4. Ziehe Konsequenzen. Das mag hart klingen, doch wenn jemand deine Grenzen nicht respektiert und du keine Konsequenzen ziehst, schwächt das deine Standhaftigkeit. Überlege dir die Konsequenzen im Voraus und bespreche sie mit der Person. Wenn diese deine Grenzen überschreitet, stehe für dich ein.

Klare Grenzen und Standhaftigkeit: Umgang mit dem schlechten Gewissen

In emotional abhängigen Beziehungen verschwimmen Grenzen oft am schnellsten. Solche Beziehungen können uns schaden, besonders wenn uns häufig ein schlechtes Gewissen gemacht wird. Wir bemühen uns immer mehr, es richtig zu machen, und vernachlässigen dabei unsere eigenen Bedürfnisse. Oft gehen wir über unsere Grenzen hinaus, weil die Kommunikation keine Lösungen brachte.

Selbst wenn wir Konsequenzen für Grenzüberschreitungen festlegen, geben wir oft nach, wenn uns ein schlechtes Gewissen gemacht wird. Dieses Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben, kann unsere Standhaftigkeit untergraben.

Gehe einmal alle Situationen in deinem Kopf durch, bei denen du ein schlechtes Gewissen hast. Gern kannst du es auch auf Papier bringen, so ist der Effekt noch größer und sichtbarer. Hast du alle Situationen gesammelt, gehe jede einzelne durch und frage dich:

  • War das wirklich meine Schuld? Lag diese Situation in meiner Hand?

  • Falls ja, was braucht es für eine Wiedergutmachung?

  • Falls nein, hake diese Situation in deinem Kopf ab, streich sie durch.

Erkenne, dass ein schlechtes Gewissen nur angebracht ist, wenn wir tatsächlich einen Fehler gemacht haben, und nutze diese Erkenntnis, um daraus zu lernen und dich zu stärken. Grenzen setzen ist eine Fähigkeit, die dir in vielen Lebenslagen helfen wird. Zögere nicht und nutze diese Kraft für dich!

Für tägliche Inspiration rund um deinen spirituellen Lifestyle, schau bei Instagram auf @happinez_de vorbei, oder hole dir die neue aktuelle Ausgabe von Happinez am Kiosk oder im Abo.

Auch interessant: