Leben in Zeiten von Corona – ein Brief

Liebe Leserinnen und Leser,
ich möchten eines vorweg nehmen: Wir wissen, wie ihr euch fühlt – denn es geht uns genauso. Täglich erreichen uns News aus Deutschland und der Welt. Und wir aus der Redaktion fragen uns: Kehrt der Alltag, wie wir ihn kannten, jemals wieder zurück? Alles hat sich geändert. Niemand weiß, wie unser Leben in einer Woche, in einem Monat, in einem Jahr aussehen mag.Zuerst haben uns diese Gedanken verwirrt, beängstigt – ja vielleicht sogar panisch werden lassen. Wir fühlten uns wie in einem kleinen Boot während eines Sturms auf hoher See. Die Nachrichten aus Deutschland waren haushohe Wellen, die unser Boot hin und her schleuderten. Wir konnten es kaum noch steuern, und drohten uns in der Gewalt der Natur zu verlieren. Bis wir uns auf etwas wirklich essenzielles besannen: Es gibt eine Kraft, die die Wogen zu glätten vermag. Die uns wieder nach dem Ruder greifen lässt – voller Vertrauen. Sie heißt Akzeptanz. Dieses Wissen um sie hat die Akzeptanz in uns wachsen lassen. Jeden Tag, Stück für Stück. Dabei ist sie nicht mit Resignation zu verwechseln. Und auch nicht mit Ignoranz.
Was passiert, wenn wir innerlich einen Schritt zurücktreten
Ich weiß, wie viele von uns diese Pandemie hart trifft – sei es psychisch, physisch, organisatorisch oder wirtschaftlich. Und das möchte ich keinesfalls von der Hand weisen oder runterspielen. Doch wenn wir einen Umstand akzeptieren, ihn annehmen, gehen wir aus dem Widerstand gegen hin heraus. Dieser hält uns auf, blockiert uns. Akzeptanz aber ist ein innerliches Zurücktreten, das uns an einen neuen Punkt bringt. Es ist so, als würden auf dem Boot den Mast emporklimmen, bis nach oben zum Ausguck. Was sehen wir, wenn wir dort angekommen sind? Ist Land in Sicht? Oder ein Rettungsboot? Oder erspähen wir am Horizont Delfine, die uns mit ihren Sprüngen an die Lebensfreude erinnern? Vielleicht entdecken wir auch nur das Glitzern des Meeres neu, das aus der Höhe betrachtet um ein Vielfaches mehr funkelt.Was ich damit sagen möchte: Wenn wir beginnen, zu akzeptieren, verändern wir unsere Perspektive. Wir können plötzlich sehen, dass sich uns auch Chancen bieten. Dass es Ideen gibt, für die jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Wir stellen fest, wo wir kreativ werden können, um etwas zu ändern. Wem wir helfen können. Wobei wir selbst Unterstützung brauchen – und woher wir diese bekommen. Akzeptanz schenkt uns eine wunderbare Art von Vertrauen und Ruhe. Sie glättet die Wogen des aufgewühlten Meeres in uns.
Wie uns das Besinnen auf Werte verändert
Aus der Akzeptanz heraus können wir uns wieder auf das besinnen, was uns verbindet: Liebe. Solidarität. Miteinander. Gemeinschaft. Das Wir. Die Menschen applaudieren, muszieren und singen gemeinsam von Balkonen. Nachbarschaftshilfen werden gegründet. Die Güte, die in einem jeden Herzen wohnt, zeigt sich. Denn wir sitzen alle im gleichen Boot – wenn auch jeder in seinem eigenen Modell.Es wird der Tag kommen, an dem dieser kollektive Sturm vorübergezogen ist. Und vielleicht ist es der Neubeginn einer Welt, in der die Werte, die wir gerade wiedererlernen, die oberste Priorität haben. Konzentrieren wir uns darauf, wenn die Wogen der Angst wieder höherschlagen. Versuchen wir die Akzeptanz zu finden – und beruhigen so nicht nur unser eigenes Meer, sondern auch die See unserer Mitmenschen, wenn sie sich erneut aufbäumt.